Photoalbum
Fiu in
Adriatic
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From: www.yachtrevue.at
Grand
Soleil 46.3
Vertrau mir! |
Über einen eleganten Cruiser-Racer, der diese Bezeichnung
auch verdient.
Von Luis Gazzari |
Können
wir damit zu dritt überhaupt segeln?
Meine Frau ließ
Zweifel anklingen und skeptisch wissen, daß unser elfjähriger Sohn auch beim
Segeln lieber Game Boy spielt, als irgendwo mitzuhelfen.
"Die kann ich alleine segeln", erwiderte ich mit einer durch gut 200
Testschiffe gestärkten Selbstsicherheit, "die Desperado hat ja Rollgenua,
Rollgroß und einen Autopiloten, da geht alles fast von selbst".
Das war nicht immer so. Ich erinnerte mich an den Test der Grand Soleil 46
Mitte der achtziger Jahre, als nur das Zusammenlegen der an Stagreitern
gefahrenen Genua 1 (Stagreiter - erinnern Sie sich?) mehr als einen Mann
beanspruchte, vom Wegräumen von 70 Quadratmeter steifen Tuchs ganz zu
schweigen.
"Und was machen wir beim Anlegen?" "Na, die Fender raushängen und einparken,
was sonst? Diese Yachten lassen sich doch kinderleicht manövrieren, weil der
Kiel sehr schlank und das Ruder ganz weit achtern angebracht ist. Das Schiff
dreht sicher perfekt und gehorcht auf jede Ruderbewegung!"
Daß das Ruder durch diese Position beim Rückwärtseinparken auch sehr
gefährdet sei, verschwieg ich wohlweislich. Aber Konstrukteur Jernej
Jakopin, der Vielbeschäftigte, wollte (und durfte) bei der Grand Soleil 46.3
keine halben Sachen realisieren, sondern einen wirklich gut segelnden Rumpf
entwerfen. Und da gehört halt ein weit achtern positioniertes, freistehendes
und tiefgehendes (1,80 m!) Ruderblatt dazu; ebenso wie ein moderner
Flossenkiel mit strömungsgünstiger Bombe und 2,20 Meter Tiefgang. Apropos
Bombe: Hier drängt sich erstmals der Vergleich zur Grand Soleil 46 auf, die
man in der italienischen Werft Del Pardo vor gut 15 Jahren von Alain
Jezequel zeichnen ließ und eine nahezu idente Rumpflänge aufwies.
Der Fortschritt im
Yachtbau ist augenscheinlich. Die damalige Am-Wind-Segelfläche von 110
Quadratmetern wurde mit 5.400 kg Ballast in einem für heutige Begriffe sehr
konventionellen 2,0-m-Kiel (mehr breit als tiefgehend, senkrechte
Achterkante, keine Bombe) kompensiert. Der moderne Jakopin-Kiel erlaubt
einen wesentlich tieferen Schwerpunkt, kommt daher (und wegen höherer
Formstabilität des Rumpfes) mit 3,3 Tonnen aus und ermöglicht trotzdem bis
zu 127 m2 am Wind. Um mehr als zwei Tonnen ist die 46.3 leichter als die
alte 46er, und da braucht man kein Segelexperte mehr zu sein: mehr
Segelfläche und weniger Gewicht = mehr Speed.
Zweiter Ansatzpunkt für einen Vergleich sind die Breitenverhältnisse. Die
alte 46er war nicht nur 15 cm schmäler, sie hatte auch eine wesentlich
schlankere Heckpartie als das heutige Jakopin-Design. Die beiden
Achterkajüten konnten dadurch nach achtern rutschen und bieten wie der Salon
und das Vorschiff in der 46.3 weit mehr Platz. Den schlanken Hecks
nachzutrauern, ist unangebracht. Erstens segeln moderne Designs auch mit
breiten Hecks ausgezeichnet, falls die Rumpflinien ausgewogen sind. "Wenn
das Unterwasser achtern voller wird, sollte auch der Bugbereich mehr Volumen
aufweisen", erklärt Jernej Jakopin, "worauf wir bei der 46.3 natürlich
geachtet haben".
Zweitens hat man sich mittlerweile auch optisch an die etwas fülligere
Heckpartie gewöhnt. Die Grand Soleil 46.3 ist mit ihrem Flushdeck ohnehin
ein Leckerbissen an Eleganz, der vor allem in Dunkelblau plus Teakdeck (wie
das Testschiff) einen Blickfang erster Klasse darstellt, trotz einer
leichten Hochbordigkeit im Bugbereich. Jakopin hat das unumgängliche Bade-Spoilerheck
bis zur Perfektion durchgestylt. Die beiden Trittstufen, die auch an die von
ihm gezeichnete Sunbeam 44 erinnern, könnten nicht eleganter sein. Das blaue
Gelcoat ist zwar wunderhübsch, aber auch enorm schmutzempfindlich und
praktisch nie sauber zu halten.
Das toppgetakelte Rigg wird serienmäßig mit zwei Salingen geliefert, drei (wie
beim Testschiff) sind gegen Aufpreis möglich; der Mast steht natürlich am
Kiel. Wie heute üblich sind die Salinge leicht gepfeilt. Auf Backstagen
konnte man daher verzichten, nicht jedoch auf das den Mast im Seegang
stabilisierende (nicht trimmbare) Babystag. Ein schönes, nicht extrem hohes
Rigg, zu dem ein Lattengroß ausgezeichnet paßt und das über den
ausgezeichneten Harken-Traveller im Cockpit wunderbar getrimmt werden kann.
Die Großschot wird über den Baum zum Mast und dann zurück ins Cockpit
geführt. Diese Methode ist beim Fahrtensegeln praktisch und bewährt, man muß
allerdings ziemlich viel Reibung in Kauf nehmen. Wer es direkter liebt,
ersetzt den Block am Traveller durch einen Fußblock und fährt die Schot ohne
Umwege oder Reibung.
Apropos Reibung: Das Ein- und Ausrollen des Rollgroßsegels ist ebenfalls
mühsam und funktioniert eigentlich nur per Winschunterstützung. Rollgroß?
Ein für die 46.3 unüblicher Kompromiß des Eigners für den Chartereinsatz,
ebenso wie das 4-Kabinen-Layout unter Deck, das maximal zehn Schlafplätze
ermöglicht. Obwohl quasi zum Rollgroß gezwungen, hat der Eigner der
Desperado zwei Features gewählt, die guten Segeleigenschaften förderlich
sind: Bleikiel (niemand bestellt den Gußkiel!) und Drehflügelpropeller.
Acht bzw. sogar zehn Schlafplätze bedeuten natürlich ebenso viele Personen
im Cockpit - das dafür nicht konzipiert wurde. In der 3-Kabinen-Version
wohnen in der Regel sechs auf der Yacht, und die haben im Cockpit auch
bequem Platz. Acht sind problematisch, zehn "unmöglich". Zu dritt warÕs
besonders bequem. Über die Sitzpositionen gibtÕs nichts zu bemängeln, und
der Rudergänger findet auch im Stehen guten Halt. Ärgerlich ist lediglich
der breite Schlitz, der für das große Steuerrad im Boden vorgesehen ist (Teakgräting
zu schmal). Man kann nur allzu leicht mit den Füßen hineinrutschen, was sehr
schmerzhaft sein kann.
Wenn wir schon beim Kritisieren sind: sechs vernünftige Belegklampen, aber
leider kein seitlicher Ausstieg; guter Ankerkasten, aber kein Kettenstopper.
Hinaus
aufs Meer
Mit durchschnittlichem Segelmaterial, einer bereits ziemlich bauchigen
Rollgenua und einem für ein Rollgroß recht gut stehendem Segel ging es
hinaus aufs Meer, das eine unterschiedliche Palette an Bedingungen zu bieten
hatte. Vorrangiger Gesamteindruck: Das Schiff liegt ausgezeichnet am Ruder,
wirkt sehr leichtfüßig und reagiert unmittelbar auf Ruderbewegungen. Richtig
getrimmt, segelt es wie auf Schienen geradeaus, obwohl das Ruder sehr stark
vorbalanciert, daher leichtgängig ist und etwaige Luvgierigkeit kaum spüren
läßt. Besonders auf Raumschotgängen kam Freude auf, weil das Schiff so
exzellent kontrollierbar blieb: Auf flachem Wasser rauschte die Grand Soleil
bei 17-18 Knoten wahrer Windgeschwindigkeit mit rund 9 Knoten dahin (ohne
Surfpassagen), bei 13 Knoten Wind lief die Yacht auf einem Halbwindschlag
mit 7,6 bis 8,0 kn. Auf einem sehr tiefen Raumschotkurs bei 6 Beaufort und
ordentlicher Welle blieb das Schiff zwar naturgemäß nicht so unbeeindruckt
wie der unter Deck Game Boy spielende junge Mann, ließ sich aber auch in
steilen, schräg von achtern anlaufenden Wellen locker dirigieren. Laut
Jakopin ist gerade das sogenannte symmetrische Auftriebsverhalten zwischen
Bug- und Heckbereich Grund für diese gute Performance.
An der Kreuz mag der volle Bugbereich bei gewissen, kürzeren
Wellenformationen in der Theorie nicht ganz so leistungsfähig sein, in der
Praxis lief das Schiff wie eine Lok bergauf. Nicht perfekt getrimmt und ohne
Crew an der Kante bei 17 Knoten Wind (5 Bft.) je nach Welle 6,6 Knoten; hier
sind gute sieben Knoten möglich. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß die Yacht
im Seegang kompakt und solide wirkte, unter Deck kaum Geräusche wie
Knirschen und Knacksen hören ließ, was auf hohe Bauqaulität des
handlaminierten Schiffes schließen läßt.
Beeindruckend auch die Leistung bei weniger Wind, trotz Rollgroß: Schon bei
9 Knoten Wind erreichte die Nadel des Schlepplogs 6,0, bei 12 Knoten waren
es (bei flachem Wasser) 6,5 kn.
Das Schiff bestätigte eindrucksvoll die Eindrücke, die es bei der ersten
Wettfahrt beim letztjährigen Business Cup hinterlassen hatte. Damals hatte
die Yacht bei 6 bis 8 Beaufort eine glänzende Vorstellung gegeben und war
nach den Rennyachten als sechste ins Ziel gekommen.
Unter Motor
Beim Manövrieren hielt die Praxis, was die Theorie (siehe Einleitung)
versprach, das Schiff läßt sich großartig dirigieren. Gewöhnungsbedürftig
sind der wegen des Saildrives (Prop weit vorne) geringe Radeffekt sowie eine
Sicherung am Gashebel, die beim Einlegen des Ganges entriegelt werden muß -
leider weniger sicher als gefährlich: Ein Charter-Skipper vergaß beim
Anlegen darauf, geriet in Panik und donnerte mit 3 Knoten rückwärts in die
Mole.
Der 56 PS starke Vierzylinder von Yanmar läßt kaum Vibrationen spüren und
läuft ruhig, ist aber trotz an sich guter Schallisolierung im Salon recht
deutlich zu hören. Ursache ist offensichtlich eine ungenügende Dichtung beim
Niedergang, der per Gasdruckdämpfer elegant hochklappt. Steht eine Person
nämlich auf den Stufen und drückt den Niedergang dadurch nieder, verringert
sich der Lärm deutlich.
Zu den Fahrleistungen (siehe Daten) ist lediglich zu sagen, daß die Maschine
bei Vollgas mit dem Drehflügel-Prop nicht ganz ausdreht, ein paar Zehntel
Knoten mehr also noch drinnen sind.
Unter
Deck
Die superbequemen Stufen des Niederganges führen in einen Salon, der mit der
äußeren Eleganz der Yacht locker mithält und reichlich Lebensraum bietet.
Der Mast steht frei vor der Mittelbank, stört aber kaum. Acht Personen sind
an dem schönen Tisch kein Thema, und auch die Längspantry läßt hinsichtlich
Stauraum und Arbeitsflächen kaum Wünsche offen. Mag sein, daß manche das
klassische Mahagoni als etwas zu dunkel gebeizt empfinden, aber das ist
letztendlich Geschmackssache. Der Tisch ist übrigens absenkbar, die
Salonecke kann zu einer riesigen Doppelkoje umgewandelt werden.
Die vier Kabinen sind ein akzeptabler Kompromiß mit vier statt zwei Kojen im
Vorschiff. Besser zu Gesicht steht der Yacht natürlich das üblicherweise
georderte, höchst komfortable Eignervorschiff, doch auch in der getesteten
Version fühlt man sich im Bug wahrlich nicht beengt (die Stockbetten an
Steuerbord sind natürlich eine Notlösung). Unverständlich jedoch, warum die
Werft kein Brett mitliefert, damit aus dem V mit Loch eine anständige
Doppelkoje wird. Der Raum vor der Koje bietet ohnehin genügend
Bewegungsfreiheit.
Eine runde Sache sind auch die Achterkajüten (viel größer als bei der alten
46er), lediglich die Naßräume sind Jakopin-typisch knapp; außerdem gehen die
Türen unpraktisch nach innen auf.
Die Belüftung ist vorbildlich, die Beleuchtung unzulänglich. Nicht nur, daß
ein Generalschalter im Salon fehlt, in Salon und Pantry gehören einfach mehr
Spots, und die Leseleuchten sind auch in den Achterkajüten nicht ideal.
Die Verarbeitung spiegelt ansonsten das von Grand Soleil gewohnte, hohe
Niveau wider. Über die Schappverschlüsse darf man sich zu Recht ärgern, und
auch wundern, daß die Polster relativ (zu?) weich sind.
Resümee
Bewertungen sind ohnehin subjektiv, also sei es ausgesprochen: Die Grand
Soleil 46.3 trifft den Geschmack des Autors in hohem Maße. Offensichtlich
auch den von anderen Interessenten der vor zwei Jahren erstmals
präsentierten Yacht, denn mittlerweile haben viele zugegriffen. Wohl auch,
weil rund dreieinhalb Millionen Schilling für ein vernünftig ausgestattetes
Schiff durchaus nicht zuviel sind. |
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